Jahresausblick 2024: Sieben Prognosen für das neue Jahr

In den letzten Jahren standen wir vor beispiellosen Herausforderungen - von einer globalen Pandemie über gestörte…

In den letzten Jahren standen wir vor beispiellosen Herausforderungen – von einer globalen Pandemie über gestörte Lieferketten bis hin zu Kriegen und hartnäckiger Inflation. Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten sind die Arbeitsmärkte in vielen Ländern, einschließlich Deutschland, von einem intensiven Wettbewerb um Talente geprägt.

Nach den Rekordjahren im Recruiting von 2021/22, in denen Unternehmen sich von den anfänglichen Auswirkungen der Pandemie erholten, kennzeichnete wirtschaftliche und politische Unsicherheit das Jahr 2023. Zu Beginn schien die Perspektive düster, als umfangreiche Kündigungswellen Ende 2022, insbesondere bei Technologiegiganten wie Meta, Amazon, Alphabet und Microsoft, auch andere Branchen im zurückliegenden Jahr erfassten. Trotzdem zeigte die Wirtschaft 2023 erstaunliche Widerstandsfähigkeit und trotzte den Befürchtungen einer Rezession. Viele Unternehmen setzten ab Mitte des Jahres ihre Recruiting-Pläne fort. Unser Eindruck ist, dass sich der „Job-Markt“ im Vergleich zu der außergewöhnlichen Post-Pandemie-Zeit gerade normalisiert.

 

„In der Corona-Ära brachte die ‚Great Resignation‘ eine Rekordzahl an freiwilligen Kündigungen hervor. Die Gründe? Unzufriedenheit, Lebensveränderungen und Neuausrichtung in andere Branchen. Dies führte zu beeindruckenden Fluktuationsraten, etwa 30% bei einigen Beratungshäusern zu Beginn von 2022. Doch diese Zahl sank drastisch auf 5% im Jahr 2023. Ich bin zuversichtlich, dass sich 2024 eine Normalisierung einstellen wird.“

– Aleksander Montalbetti

 

 

Wie wird das Jahr 2024 für Unternehmen und Leadership gestaltet sein? Welche Herausforderungen stehen bevor, und wird GenAI eine dominierende Rolle spielen? Auch wenn es nicht möglich ist, die Zukunft vorherzusagen, so lohnt es sich dennoch, einen Blick auf mögliche Trends zu werfen: Basierend auf unseren Einblicken in den Personalmarkt haben wir sieben Prognosen erstellt.

Wir hoffen, dass Ihr Unternehmen durch die frühzeitige Auseinandersetzung mit diesen Entwicklungen in der Führungskräftesuche erfolgreich sein wird und zukünftige Herausforderungen bewältigen kann.

 

Prognose 1: Die Sorge vor einer Rezession senkt die Wechselbereitschaft

Die allgemeine Sorge vor einer Rezession wird nach wie vor eine Herausforderung für das Recruiting darstellen. Die verlangsamte Wirtschaft führt nicht nur dazu, dass Gehälter nicht den Erwartungen der Kandidaten entsprechen, sondern auch dazu, dass Kandidaten aufgrund der Furcht vor Entlassungen weniger bereit sind, das Risiko eines Wechsels zu einem neuen Unternehmen einzugehen. In diesen unsicheren Zeiten müssen wir als Personalberater Unternehmen dabei unterstützen einfallsreich zu agieren, um die Balance zwischen den Bedenken der Kandidaten und den Realitäten des Arbeitsmarktes zu finden.

 

Prognose 2: Mit dem „Middle“ Management steht und fällt der Wandel

In der Ära post-Covid-19 prägt konstante Veränderung unsere Realität. Dies erfordert eine neue Generation von Führungspersönlichkeiten – innovative Wegbereiter, die jene ersetzen, deren Schwächen während der Pandemie ans Licht kamen. Soft Skills, kreatives und unternehmerisches Denken sowie die Fähigkeit, flexibel auf Krisen zu reagieren, sind nun von besonderer Bedeutung. Dies gilt insbesondere für das Middle Management, das eine zentrale Rolle in erfolgreichen Transformationsprozessen spielt. Das Middle Management ist der Puls des Unternehmens, und im Jahr 2024 wird hierauf ein besonderer Fokus liegen, wenn es darum geht den Wandel zu schaffen. Dabei wir die Rolle des Middle Managements oftmals unterschätzt, wie „Power to the Middle“ von McKinsey zeigt.

 

Prognose 3: Der bisherige Fachkräftemangel wird nun als Führungskräftemangel spürbar

Vor uns liegt eine weitere Herausforderung, der sich Unternehmen stellen müssen – der Mangel an verfügbarem Talent.

Ab dem Jahr 2025 treten die Babyboomer-Jahrgänge in den Ruhestand, und in den nächsten 10 Jahren wird dies nahezu ein Drittel der Arbeitskräfte betreffen. Der Fachkräftemangel wird auch in den kommenden Jahren präsent sein. Laut dem Handelsblatt werden im Jahr 2024 viele Unternehmen, insbesondere in den Sektoren der Banken und Versicherungen, verstärkt den Fokus auf Nachfolgelösungen legen müssen.

 

„In diesem klaren Arbeitnehmermarkt schwingen die Kandidaten das Zepter. Wir haben es mit hochqualifizierten Menschen zu tun, die nach neuen Herausforderungen suchen, in denen sie sich frei entfalten und unternehmerisch einbringen können, um Impact zu generieren. Zusätzlich sehen wir vermehrt, dass auch Kandidaten kurz vor dem Ruhestand auf der Suche nach einer Herausforderung mit Purpose sind. Auf diese neuen Kandidatenanforderungen müssen sich Unternehmen nachhaltig einstellen.“

– Martin Fahnauer

 

Prognose 4: Unternehmenskultur bleibt kritischer Erfolgsfaktor bei der Personalsuche

In der Post-COVID-Ära stehen wir als Personalberater vor einer dauerhaften Herausforderung: die Kluft zwischen den Kandidaten, die Remote-Flexibilität bevorzugen, und den Erwartungen der Klienten hinsichtlich Arbeitsmodellen zu überbrücken. Seit 2023 beobachten wir verstärkte Bemühungen um die Rückkehr ins Büro, mit einem Fokus auf ausgewogener Präsenz- und Homeoffice-Arbeit. Einige Unternehmen gehen sogar so weit, Vollzeitarbeit im Büro zu fordern, ähnlich wie bei Goldman Sachs.

 

„Unternehmen müssen gut darüber nachdenken, wie sie ihre Arbeitsmodelle gestalten, besonders im Hinblick auf Home-Office Regelungen, um die besten Talente anzuziehen. Oft erfordert dies maßgeschneiderte Lösungen. Das Drei-Tage-Büropräsenz-Modell scheint sich als Mindestanforderung aus Arbeitnehmersicht zu etablieren.“

– Niklas Ludwig

 

Im Jahr 2020 erlebten Arbeitnehmer Pandemie bedingt einen Wandel in ihrer Beziehung zu Unternehmen. Trotz allgemeiner Unsicherheit blieben die Gehälter recht stabil, während die Distanz zwischen Mitarbeitern und ihren Arbeitgebern zunahm. Zudem stieg die Arbeitsbelastung in dieser Zeit unerwartet stark an. Bei Unternehmen der Professional Services Branche erfolgte in den Folgejahren eine Anpassung der Vergütungsstrukturen. Gleichzeitig wandelte sich das bisher betonte Konzept der Work-Life-Balance zu einer Life-Work-Balance. Dies führte zu einer Zunahme alternativer Arbeitszeitmodelle und -formen.

 

„Insgesamt legen Kandidaten, selbst in einer von Remote-Arbeit geprägten Umgebung, verstärkt Wert auf die Unternehmenskultur. Auch Vergütung ist ein Ausdruck von Unternehmenskultur und so spiegeln die Veränderungen die dynamische Natur der heutigen Arbeitswelt wider. Sie erfordern ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse und Erwartungen der Arbeitskräfte.“

– Martin Halstrick

 

Prognose 5: Nach dem Hype erfolgt nun die Anwendung von KI

Seit 2023 ist Künstliche Intelligenz und insbesondere GenAI in aller Munde. Fünf Jahre zuvor prognostizierte bereits eine McKinsey-Studie, dass KI bis 2030 nahezu 70 Prozent der Geschäftsaktivitäten in fast allen Berufsfeldern automatisieren könnte. Ob diese Einschätzung eintrifft, wird sich zeigen, fest steht jedoch, dass Unternehmen und ihre C-Level-Führungskräfte nun Rollen und Kompetenzen aufbauen müssen, um kontinuierlich mit KI zu experimentieren und Wettbewerbsvorteile zu erlangen.

Die großen Weichenstellungen haben bereits begonnen. Vorreiterunternehmen wie Lidl und SAP haben strategische Partnerschaften geschmiedet, darunter Investitionen in AlephAlpha, während Accenture ein bedeutendes KI-Innovationszentrum in München aufbaut. Sogar Deloitte hat bereits einen eigens entwickelten KI-Chatbot namens „PairD“ für seine Mitarbeiter eingeführt, wie das AI Magazine berichtet.

Gemäß Forrester haben mittlerweile 12 % der Unternehmen mit einer soliden KI-Strategie einen Chief AI Officer (CAIO), der die Gesamtstrategie leitet. Dieser agiert neben dem Chief Data Officer (CDO), der weiterhin die Hoheit über die Daten behält. CAIOs und CDOs werden Hand in Hand die KI-Strategie umsetzen. Eine erfolgreiche KI-Umsetzung erfordert agile Sonderprojektteams, die nahtlos zwischen Fach- und IT-Bereichen agieren. Ideal für diese Rollen sind Unternehmensberater oder erfahrene Projektleiter, die bereits erfolgreich Analytics- & Robotics-Projekte umgesetzt haben. Es werden jedoch auch Prompt-Engineers und Softwareentwickler gesucht, ebenso wie Change Agents und Trainer, die die Mitarbeiter im Umgang mit KI-Tools unterstützen.

 

„In KI wird aktuell bei vielen unserer Klienten erheblich investiert. Dementsprechend wird händeringend nach ‚Talent‘ gesucht. Aber auch Kandidaten sind auf der Suche nach dem nächsten Karriereschritt. Es scheint fast so, als hätte jeder die ‚Fear of missing out‘.“

– Benjamin Wirtz

 

Prognose 6: Einstellungszahlen bei Technologieunternehmen nehmen zu

Vor dem Hintergrund der geringen Einstellungen oder sogar Entlassungen Ende 2022 und Anfang 2023 bei vielen großen Technologieunternehmen ist es nachvollziehbar, dass viele dieser freigewordenen Stellen erneut besetzt werden müssen. Die rasante Entwicklung der Technologie und die zunehmende Abhängigkeit von digitalen Lösungen in verschiedenen Sektoren, verbunden mit der wachsenden Bedeutung der generativen KI, verstärken die Investitionen sowohl in Technologie als auch in qualifiziertes Personal. Sowohl erfahrene Fachkräfte als auch Neueinsteiger werden äußerst gefragt sein, um die zahlreichen vakanten Stellen zu besetzen und somit entscheidend zum weiteren Wachstum der Branche beizutragen.

 

Prognose 7: Der M&A Markt zieht wieder an

Im Jahr 2023 erlebte der M&A-Markt einen signifikanten Rückgang an Transaktionen, insbesondere Large Caps, und aufstrebende Wachstumsunternehmen hatten Schwierigkeiten, Kapital zu sichern. Diese Entwicklungen führten zu einer abnehmenden Nachfrage nach Führungskräften und Top-Talenten.

Trotz dieser herausfordernden Zeiten ergeben sich inmitten dieser Phase Chancen. Private-Equity-Unternehmen, die stets kreative Wege finden, Deals zu realisieren, haben verstärkt ihren Fokus auf die Technologie- und Softwarebranche sowie den Health Care-Sektor gerichtet. Auch der klassische Consulting-Sektor rückt hier verstärkt in den Vordergrund.

Seit Oktober 2023 zeigen sich viele Marktteilnehmer optimistischer und deuten auf eine Besserung des M&A-Marktes Anfang 2024 hin. Dies wird durch eine Zunahme an Sell-Side-Deals, die Erholung von Inflation und Zinsen sowie verbesserte Fremdfinanzierung verdeutlicht. Somit wird es im Jahr 2024 eine erneute, stärkere Nachfrage nach Personal geben.

 

„Die Wiederbelebung der M&A-Aktivitäten wird im Jahr 2024 zu einer erneuten Nachfrage nach qualifizierten Fach- und Führungskräften führen. Insbesondere in den Private-Equity-Portfolios, bei Beratungshäusern und anderen M&A-bezogenen Positionen.“

– Aleksander Montalbetti

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